Debian 9 „Stretch“

Nach etwas über zwei Jahren Entwicklungszeit wurde Debian 9 „Stretch“ am 17. Juni 2017 freigegeben. Für mich ist Debian deshalb von Interesse, weil es das Betriebssystem ist, mit dem ich im Job zu tun habe. Dort läuft es als mein Desktop- und Entwicklungssystem. Ich habe es als ein zuverlässiges, stabiles Betriebssystem kennen und schätzen gelernt. Den Ruf, der diesem Betriebssystem anhaftet, kann ich also genauso bestätigen.

Gegensätze

Privat bin ich eher der Red Hat/Fedora Typ und da ist Debian ein krasser Gegensatz. Innerhalb der Stretch-Entwicklungszeit gab es 4 Fedora-Releases und hätte es nicht die vielen Verzögerungen gegeben, wäre auch Fedora 26 noch vor Debian Stretch veröffentlicht worden. Fedora ist bei seinen Releases meist seiner Zeit voraus, indem neue Technologien, die ja oft genug von Red Hat selbst vorangetrieben werden, frühzeitig integriert werden. Dadurch bekommt man manchmal auch noch ein paar Kinderkrankheiten mit. Nichts desto trotz empfinde ich Fedora – zumindest für den Privatbetrieb – als stabil genug.

Debian auf der anderen Seite hat eine relativ lange Entwicklungszeit von ca. 2 Jahren und integriert nur gut erprobte Komponenten. Dadurch wirkt die Software im Vergleich zu anderen Systemen in Teilen wenig taufrisch. Dafür ist sie, wie schon gesagt, wirklich stabil. Und für Nutzer, die in der Debian-Welt leben, ist sie auch neu, denn innerhalb von zwei Jahren tut sich ja eine ganze Menge. Das läuft dann ja so ungefähr wie bei den „Innovationen“ im Apple-Universum 😉

Upgrade

Am Freitag habe ich das Upgrade auf Stretch am Arbeitsplatz durchgeführt. Was soll ich sagen? Es lief alles sauber und problemlos durch, Debian-like eben. Danach noch alle verwaisten Pakete (also alle, die nicht mehr als Abhängigkeit von anderen Paketen benötigt werden) und alle obsoleten Pakete (welche nicht mehr im Repository sind) entfernt und schon hatte ich eine saubere Stretch-Installation. Es fühlt sich gut an, wieder ein Stück näher an die Gegenwart gerückt zu sein.

Am Arbeitsplatz nutze ich die GNOME-Shell, während ich zu Hause KDE Plasma benutze, so kommt man bei den Entwicklungen gut mit und schießt sich nicht zu sehr auf einen Desktop ein.

Mal sehen, wie die nächsten zwei Jahre mit Debian 9 „Stretch“ so werden.

KDE – Rolling oder nicht?

Manjaro

Meine Suche nach der – für mich – perfekten Linux-Distribution mit KDE Plasma-Desktop ist noch nicht zu Ende. Eines aber hat mich selbst verwundert: Dass Manjaro KDE immer noch mein Hauptsystem ist, seit ich meinen Rechner neu aufgesetzt hatte. Es hat seine Ecken und Kanten aber ich mag es irgendwie.

Ich war bislang immer skeptisch, ob diese „neumodischen“ Rolling Release Distributionen tatsächlich etwas für mich sind. Lange habe ich das Semi-Rolling-Modell von Fedora verteidigt, wo zwar die meisten Basiskomponenten bleiben, jedoch behutsame Versionsupgrades, sogar beim Kernel, gemacht werden. Und ich halte dieses Modell immer noch für eine gute Lösung.

Versionen …

Wenn man aber jetzt die ganze KDE-Welt nimmt, das Dreigespann aus Plasma, Applications und Frameworks, die mehr oder minder losgelöst von einander entwickelt werden und dementsprechend auch unterschiedliche Releasezyklen haben, ist Aktualität schon eine ganz andere Geschichte. Wobei man Frameworks hier eigentlich außen vor lassen kann, denn da gibt es jeden Monat ein Update mit Bug- und Securityfixes. Schauen wir uns aber mal die beiden anderen Teile an:

  • Applications wird alle vier Monate released. Im April, im August und im Dezember.
  • Plasma eher undefiniert alle drei/vier Monate. Version 5.9 wurde Ende Januar 2017 released, 5.10 ist Ende Mai erschienen.

Natürlich passen die Daten dann nicht zueinander, daher kann es sein, dass man beim Release der Distribution eine brandneue Applications-Version bekommt aber noch auf einer „alten“ Plasma-Version sitzt. Oder umgekehrt.

Feste Releases

Bei Kubuntu bspw. wird es dann innerhalb des Release kein Major-Update geben, sodass man ein halbes Jahr warten muss, nur um dann möglicherweise wieder eine veraltete Version von Plasma oder Applications untergeschoben zu bekommen. Natürlich kann man über die Backports teilweise neuere Versionen einspielen, was aber nur semi-offiziell angeboten wird und möglicherweise die Stabilität beeinflusst.

Feste Releases mit behutsamen Updates

Oder nehmen wir wieder das Fedora-Beispiel: Wenn es keine weitere Verschiebung gibt, wird Fedora 26 am 11. Juli erscheinen. Dann ist Plasma 5.10 noch relativ frisch (obwohl man da schon beim 3. Bugfix-Release ist), Applications jedoch schon länger abgehangen, schließlich kommt im August dann schon die nächste Version. Glücklicherweise wird in den meisten Fällen das Update auf die nächste Plasma/Applications-Version innerhalb des Release-Zyklus ganz regulär angeboten. Es sei denn, die Ressourcen sind schon für die Erstellung der nächsten Fedora-Version an sich gebunden. Eine Garantie gibt es also nicht. Außerdem ist man natürlich längst nicht so schnell, wie bei einer Rolling-Release Distribution. Die Hoffnung ist natürlich, dass Bugs oder Unstimmigkeiten erkannt werden, bevor die neuen Pakete auf die Benutzer losgelassen werden.

Stabile Basis, aktuelles KDE

Hier kommt dann so etwas wie KDE neon ins Spiel, wo auf einer stabilen Basis, in diesem Fall Ubuntu 16.04 LTS, Updates des KDE-Stacks nach dem Rolling Release Prinzip kommen. Das ganze birgt natürlich das Risiko, dass Abhängigkeiten gebrochen werden, weil die Pakete nicht mehr zueinander passen. Ich hatte diesen Fall bspw. als ich den Qt Creator aus den Ubuntu-Quellen installieren wollte, der noch Qt 5.5. benötigte, welches jedoch schon mit 5.7 aus neon ersetzt war. Seit Kurzem steht der Qt Creator auch in neon zur Verfügung aber das Problem kann einem natürlich bei einem beliebigen anderen Paket begegnen. Alles in allem ist neon jedoch total stabil und natürlich auf der KDE Seite topaktuell.

Rolling Releases

Die nächste Stufe sind dann tatsächliche Rolling Release Distributionen, wie Arch und dessen Abkömmlinge oder openSUSE Tumbleweed. Hier ist man mit seinem ganzen System immer up to date. Bei Arch tröpfeln die Pakete so rein, während es bei openSUSE immer wieder sogenannte Snapshots gibt, wo bestimmte Teile des Systems als Ganzes aktualisiert werden um noch besser sicherzustellen, dass keine Inkompatibilitäten entstehen.

Arch selbst habe ich noch nicht in der Tiefe ausprobiert, letzte Versuche sind bereits Jahre her. Wie oben erwähnt, setze ich jedoch auf Manjaro, einen Arch-Abkömmling. Mein Hauptkritikpunkt hier ist, dass man mal sein Benutzerpasswort und mal das root-Passwort eingeben muss, um administrative Aufgaben zu erledigen. Genau das nervt mich auch bei openSUSE zusätzlich zur – im Vergleich zu anderen Distributionen – elendig langen Boot-Zeit.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch KaOS. Es ist kein Arch-Abkömmling, nutzt jedoch auch pacman als Paketverwaltungssoftware. Hier setzt man von vornherein ganz auf KDE Plasma 5/Qt 5 und hat nur wenige Pakete im Repository, die ein anderes Toolkit nutzen. Bekannte Größen, wie GIMP, inkscape, Firefox usw. mal außen vor gelassen. Chakra, in diesem Fall tatsächlich auf Arch basierend, wenn auch geforkt, verfolgt einen ganz ähnlichen Ansatz.

Und die Moral …

Das war jetzt mal ein kleiner Durchgang durch ein paar Distributionen, die KDE anbieten. Mal als eine Option unter vielen, mal als Primär-Desktop. Mein Dilemma bleibt: Ich kenne mich mit Fedora so gut aus, dass es mir schwer fällt, längerfristig zu einer anderen Distribution zu wechseln, auch wenn die Integration hier besser sein könnte. Andererseits, weiß ich auch, an welchen Stellschrauben ich drehen muss um Plasma bei Fedora deutlich zu verbessern. Ich würde mir nur wünschen, dass mehr davon einfach schon in der Standardkonfiguration so eingestellt wäre. Vielleicht sollte ich mal wieder ein paar Feature Request einstellen …